Der Blick dahinter
26. August 2021So wie es wichtig ist im Dojo zu üben, ebenso ist es wichtig das erlernte im eigenen Training zu vertiefen. Nur stellt sich oft die Frage des was und des wie? Das hängt in erster Linie vom Stand der eigenen Entwicklungsstufe ab. Die Kihon ist immer ein guter Ausgangspunkt und wie eine Spirale wird man sich an diesem Punkt immer wieder finden, nur mit einer anderen Sichtweise und vielleicht auch mit etwas mehr Erfahrung, wie beim letzten Mal.
Eine Kata ist das Ende? Eine Kata ist ein Anfang von etwas was tiefer ist und deren Essenz erst mit dem eigenen Wachstum erkannt werden kann.
Laut Überlieferung gibt es in der Kukishinden Ryu Biken Jutsu 9 bekannte Kata mit 2 Henka, das ergibt 27 Arbeitsweisen + als Grundlage. Die ersten traditionellen Schwertschulen Japans hatten zuerst nicht viele Waza in ihrem Training. Erst nach der Befriedung Japans und seinem Wandel wurden die Samurai gezwungen andere Wege zu finden, um zu überleben und so entstanden die ersten Schwertschulen, wie wir sie bezeichnen würden. Mit der Zeit wurden Kata festgehalten, neue entwickelt und je nach Tradition wurden aus wenige viele. In Bezug auf der Kukishinden Ryu blieb es bei den 9 + Henka im Biken Jutsu, die aber wenn man sie genauer betrachtet, alles besitzen was nötig ist.
Was dahintersteckt ist sehr komplex und geht in die fundamentalen Aspekte der Schwertführung hinein, bis sich alles im Wesen des Nicht-Schwertes wieder auflöst.
Betrachtet anhand der Nihonme, Tsukigake – Stoßfalle:
Es gibt einige Übersetzungsmöglichkeiten. Tsuki, wird normalerweise als Stoß / Stechen, oder durchstechen übersetzt. Parallelen zum Sojutsu und seinem Durchdringen der Rüsten sind vorhanden. Gake, in diesem Zusammenhang würde ich als Fallen oder einfangen bezeichnen. Nun wenn man etwas einfangen möchte, ihm eine Falle stellen möchte, dann muss man Uke selbst in seinen Raum eindringen lassen, oder Tori dringt in diesen Raum ein. Mit einem stoppenden Tsuki wird sein Rhythmus gebrochen, gefolgt von einem Yoko Giri oder Gyaku Kesagiri.
Die unterschiedlichen Faktoren wie Raum, Timing, Yoroi oder ohne Yoroi usw. bilden das ganze Spektrum, in das die Prinzipien eingebettet werden.
Wenn man nun eine Reduzierung auf das Wesentliche vornimmt, so bekommt man einen Tsuki und einen Giri und viele sehen leider nur genau das dahinter. Aber wie bekannt ist in der japanischen Denkweise, im Wenigen kann sehr viel stecken.
Im November 2020 und schon mitten in dieser wandelnden Pandemiezeit, lag bei vielen der Fokus auf das Hitori Keiko, dem Solo-Training. In einem von diesen persönlichen Einheiten übte ich die Kata Tsukigake. Die entstandenen Clips sollten für meine Schüler und jene die den Weg mit mir gehen als Übungsstütze dienen. In diesem zusammengefassten Clip gibt es kein gesprochenes Wort, erkenne durch sehen, ist die Devise und nur ein paar Möglichkeiten von vielen die Prinzipien fließen zu lassen.
Beginnen wir also mit den Clips:
Ziehe die Klinge / Nuki und begib dich in Kamae, hier Migi Gedan no Kamae. Führe die Klinge nach oben und stoppe damit Ukes voranschreiten / Shomen Giri. Sofort bewegst du dich mit Hidari Mae Naname Sabaki nach vorn diagonal und schneidest / druckschnitt, gefolgt von Noto.
Nun übe für dich diese Art der grundlegenden Bewegung (Oder überleitend jede Kata die dir bekannt ist und du üben möchtest.). Betrachte den Winkel, das Timing und das Zusammenspiel mit Waffe und Körper.
Belasse nun den Anfang der Kata und versuche dich in sein Wesen zu versetzen.
Dann verändere zuerst das Noto und passe es an. Verändere nicht die Hauptprinzipien und deren Inhalte.
Nun lege den Fokus auf den Fluss, perfektioniere dein Nagare. Die Muskelkraft wird zweitrangig und alles wird zu einem.
Dann bewegen sich die Füße in alle Richtungen, du wartest auch nicht mehr bis der Gegner angreift.
Stoppe seinen Geist und seine Aktion und bewege dich mit der Essenz / Gokui.
Bewahre die Essenz und erkenne die Möglichkeiten in der Veränderung und so geht es weiter…
Viel Text für etwas das man schwer in Worte packen kann. Trotzdem hoffe ich auch hiermit etwas Inspiration weitergeben zu können. Es sind nur meine Gedanken und Erfahrungen… 😉
LG,
Jürgen