Bujinkan Furyu Dojo e.V. - Schule für traditionelle japanische Kampfkünste

Nagamaki 長巻

von Jürgen 2. Mai 2025

Naga 長 = Lang

Maki 巻 = Rolle, Wicklung. Hier würde es eher in Richtung gewickelter Griff oder gewickelte Waffe tendieren.

Die Nagamaki bezeichnet also ein traditionelles japanisches Schwert mit einem besonders langen Griff, der fast so lang wie die Klinge ist, was es ermöglicht, die Waffe wie eine Mischung aus Schwert und Hellebarde zu führen.
Diese Waffe wurde in der späten Kamakura bis Muromachi Jidai (ca. 13.–16. Jh.) in Japan eingesetzt, in einer Zeit intensiver kriegerischer Auseinandersetzungen. Sie war eine Spezialwaffe und wurde nicht massenhaft verwendet, sondern eher von bestimmten Kriegern oder Gruppen eingesetzt. Obwohl die Nagamaki nicht so weit verbreitet war wie andere Waffen, gibt es einige Ryū ha, in deren Mokuroku (Techniklisten) sie explizit erwähnt wird und in anderen wird sie nur erwähnt und fließen in die prinzipielle Anwendung mit ein. Demnach sind überlieferte Kata (Formen) für die Nagamaki sehr selten und auf wenige Koryū beschränkt. Teilweise wird diese Waffe auch erst in den höheren Bereichen des Mokuroku unterrichtet.
Hier lässt sich die Toda ha Bukō Ryū erwähnen. Sie ist besonders bekannt für ihren Fokus auf das Naginata Jutsu, enthält aber auch andere Waffenformen wie, Kodachi (Kurzschwert), Tachi (Langschwert), Kusarigama (Sichel mit Kette), Bo (Langstock) und Tanto (Messer). Diese Schule hat eine Reihe formalisierter Kata für die Nagamaki, allerdings nur in den höheren Mokuroku-Abschnitten. Die Waffe wird dort als Nagamaki / Nagamaki Naoshi oder auch als schwere Naginata – Variante behandelt. Die Kata bestehen aus festgelegten Angriffen und Kontern gegen Gegner mit Schwert oder anderer Langwaffe. Die Toda ha Bukō Ryū wird auch in der heutigen Zeit übertragen.
In der Katori Shintō Ryū gibt es gibt keine spezifischen Nagamaki Kata, aber in einigen Embu (Vorführungen) und alte Schriftquellen (Densho) deuten auf Varianten von Langwaffen hin, die man als Nagamaki nahe interpretieren könnte. Diese Techniken werden teils innerhalb der Naginata Jutsu Kata oder als Okkuden (geheime Lehre) überliefert.
In der Kukishin Ryū wird die Nagamaki nicht als eigenständige Waffe mit spezifischen Kata gelehrt. Die Integration findet sich dennoch, da die Prinzipien von den verschiedenen anderen Waffen mit einfließen. Die Naginata z.B. ist in der Kukishin Ryū ist eine der Hauptwaffen und spielt eine zentrale Rolle im Curriculum. Die Techniken des Naginata Jutsu beinhalten Bewegungen und Prinzipien, die auch für den Umgang mit dem Nagamaki relevant sind. Da die Nagamaki eine Waffe ist, die Merkmale von Schwert und Stangenwaffe kombiniert, lassen sich viele Techniken ableiten.
Dennoch aufgrund seiner Konstruktion (lange Klinge und langer Griff), erfordert die Nagamaki eine gewisse besondere Handhabung, um die oben genannten Prinzipien in der Waffe zu verbinden.
Meist wurde die Nagamaki mit zwei Händen geführt. Die Beinarbeit mit Schwerpunktverlagerung erlaubt kraftvolle, kontrollierte Schnitte mit beiden Händen. Hebelansätze, um Schnittwürfe oder dergleichen auszuführen wurden durch den langen Griff erleichtert. Die Konstruktion der Waffe ergab eine optimale Balance, um die Nagamaki effektiv zu schwingen.
Durch das verschieben der Hände, ergibt sich eine geniale Anpassung an die Distanz. Meist wurde die rechte Hand als Führhand verwendet. Der Gegner wird schnell mit Stichen, ähnlich eines Speers, überrascht. Die Reichweite findet eine dynamische Anzupassen.
Nicht die Arme alleine, sondern Hüfte und Schultern führen den Schnitt, um Stabilität und Kraft mit dem Körper zu maximieren. Dann ergeben sich Kombinationen aus Hieb, Schnitt und Stoßbewegungen, die geleichermaßen für Angriff und Verteidigung eingesetzt werden. Dadurch wird die Nagamaki zu einer vielseitigen Waffe, die auch gegen Langwaffen und Reiter ihren Platz fand.
Die Kamae blieben wie üblich prinzipielle Übergangspositionen, wobei drei Hauptarten zu erkennen sind. Dies waren Hassō no Kamae, Chūdan no Kamae und Jōdan no Kamae, als Positionen für starke Angriffe.
Rotationsbewegungen, um das Nagare der Klinge und die Weiterführung der Energie nicht zu stoppen, wurden zur Grundlage und Effektivität der Nagamaki. Die Waffe erforderte Geschicklichkeit und Präzision.
In einigen Quellen wird beschrieben, dass die Nagamaki auch von gut ausgebildeten Ashigaru (Fußsoldaten) getragen wurden, vor allem zur Verteidigung gegen Kavallerie.
Die Nagamaki wurde nicht primär von Mönchen geführt, sondern war eher eine Waffe von Samurai. Die Naginata 薙刀, war die Waffe von buddhistischen Kriegermönchen, den Sōhei 僧兵.
Manche Erzählungen nennen Uesugi Kenshin, ein Daimyō der Sengoku-Jidai, als Nagamaki Nutzer. Teile seiner Truppen sollen sie verwendet haben. Historische Beweise dafür sind jedoch spärlich.
Vielleicht kann man die Nagamaki als zwischenteil der Naginata und Ōdachi betrachten, sie ist beweglicher als die Naginata und wuchtiger als das Katana. In engen Formationen nicht immer passend, aber in offenen Kämpfen und gegen Kavallerie wirkungsvoll.
Die Nagamaki wird in ein paar historischen Dokumenten erwähnt:
Kōyō Gunkan 甲陽軍鑑
Ein Militärhandbuch aus dem 16. Jahrhundert über die Kriegsführung der Takeda – Familie. Erwähnt die Nagamaki insbesondere als Teil der Bewaffnung von Truppen, teils in Bezug auf Reiterei und spezialisierte Fußsoldaten. Dieses Werk ist eine der wichtigsten Primärquellen zur Militärpraxis der Sengoku-Jidai.
Nihon Tōken Jiten 日本刀剣事典
Ein modernes Fachlexikon über japanische Schwerter und verwandte Waffen.
Es enthält Einträge über Nagamaki, ihre Klingenformen, Griffverhältnisse und Unterschiede zur Naginata.Dient oft als Referenz in Museen und bei der Klassifikation antiker Waffen.
Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick in die Welt der Nagamaki geben.
An einem schönen Tag im Mai.